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BLÜTHNER
in
Leipzig

1878

Die Königlich sachsiche Hof-Pianofortefabrik von Julius Blüthner in Leipzich.
Musikalisches Wochenblatt, 29/03/1878, p. 177

Die königlich sächsische Hof-Pianoforte-Fabrik von Julius Blüthner in Leipzig. (Wir bemerken im Voraus, dass der nachstehende, dem hier grössten derartigen Etablissement geltende Artikel nicht der Feder entstammt, welcher wir dessen Vorgänger verdanken. D. Red.)

"Die grösste Pianofortefabrik Leipzigs, überhaupt Eines der grossartigsten Etablissements seiner Art, ist die königlich sächsische Hof-Pianofortefabrik von Julius Blüthner, die wir unseren Lesern heute im Bilde vorführen.

Wir dürfen wohl annehmen, dass das Bluthuer'sche Fabrikat überall bekannt ist. Ein ausserordentlich schöner, weicher, singender Ton, möglichste Feinheit und Ausdauer des Mechanismus, geschmackvolle äussere Ausstattung, das sind die Vorzüge, welche demselben allgemein zugestanden werden, Vorzüge, die der Firma Julius Blüthner eine Beliebtheit und in der Folge einen Aufschwung verschafft haben, wie er auch in anderen Branchen nur selten zu beobachten ist.

Wer vermöchte aus dem gewaltigen Umfange der heutigen Blüthner'schen Fabrik zu rathen auf den bescheidenen Anfang, den sie vor kaum 25 Jahren genommen ?

Es war im November des Jahres 1853, als Blüthner, seines Zeichens ein Tischler, der aber bei Hölling & Spangenberg in Zeitz auch den Pianofortebau gründlich erlernt hatte, in der Weststrasse zu Leipzig, in einem der noch heute in seinem Besitze befindlichen Ä seine erste Werkstatt eröffnete.

Anfänglichging es mit drei Arbeitern. Da aber die ersten Instrumente guten Absatz fanden, so wurden aus den drei Arbeitern bald mehr.

Die Werkstätte dehnte sich nach und nach über das ganze Haus aus. Als dieses zu klein wurde, ging Buthner muthig mit der Errichtung eines neuen, eigens zu Fabrikzwecken bestimmten Gebäudes vor.

Aber Menschenhände wollten allein nicht mehr ausreichen, um die sich immer mehr steigernden Ansprüche zu befriedigen. Es mussten Maschinen geschafft werden, Maschinen, denen das Sägen, Hobeln, Bohren, Bespinnen der Drahtsaiten und andere gröbere Arbeiten übertragen werden konnten.

Allen diesen Anforderungen wusste Blüthner mit nicht genug zu schätzender Intelligenz zu entsprechen. Und so hat sich sein Etablissement allmählich immer mehr erweitert, äusserlich zu einem Häusercomplex, der so ziemlich einen ganzen Stadttheil, beiläufig 22,000 Quadratmeter, einnimmt und einen wahrhaft imponirenden Eindruck macht, innerlich zu einem so vielgegliederten, nichtsdestoweniger aber so wohlgeordneten Ganzen, dass der Beschauer staunend frägt, wie ein einziger Mensch so Vieles und Grossartiges zu veranlassen vermochte.

Ausser dem, auf dem grossen Holzhofe befindlichen, von verschiedenen kleineren Baulichkeiten umgebenen Holzspeicher stehen gegenwärtig auf Blüthner'schem Grund und Boden zwei grosse Wohngebäude, dahinter das in Hufeisenform angelegte kolossale Fabrikgebäude und eine prachtvolle Villa.

In seiner Fabrik beschäftigt Herr Commerzienrath Blüthner über vierhundert Menschen, die mit Hilfe von ungefähr 60 grösseren und kleineren, durch Dampfkraft getriebenen Maschinen jährlich 1800 bis 2000 Instrumente in allen möglichen Sorten verfertigen. Wahrlich, ein schöner Erfolg einer kaum 25jährigen, wenn auch angestrengten Thätigkeit! Musikalisches Wochenblatt, 29/03/1878, p. 173

 Die königlich sächsische Hof-Pianoforte-Fabrik von Julius Blüthner in Leipzig.

"Trotz des ausserordentlich flotten Geschäftsbetriebes ist die Güte des Blüthner'schen Fabrikates beständig im Steigen begriffen. Das erklärt sich zunächst aus der eigenen Tüchtigkeit Blüthner's.

Blüthner ist nicht nur ein praktisch durch und durch erfahrener Clavierbauer, der Fleiss und Ausdauer genug besitzt, um die Fabrikation sorgfältig zu überwachen, sondern er hat auch bewiesen, dass ihm die Theorie seiner Kunst nicht fremd ist.

Verschiedene Patente, die sich die Firma im Laufe der Zeit erworben, und unter denen das auf das neuerdings construirte „Aliquotpiano“ als die wichtigste Errungenschaft zu bezeichnen ist, sind Beweise für diese Aussage.

Dass Blüthner überdies auch ein ganz bedeutendes Organisationstalent besitzt und zum Fabrikherrn wie geschaffen ist, das lehrt ein Gang durch seine Fabrik, der zum Interessantesten gehört, was die Beobachtung gewerblichen Fleisses überhaupt zu bieten vermag.

Es würde zu weit gehen, wollten wir unsere Leser durch die über 100 Arbeitsräume der Fabrik führen, in denen auf mehr oder weniger mechanische Weise.

Das zusammengesägt, gehobelt, gebohrt, gefeilt, gedrechselt, gedreht und geleimt wird, was uns später als fertiges Product unter der Hand des Künstlers so rein geistige Freuden vermittelt. Nur die in der Anordnung des Ganzen zu Tage tretende Idee sei als charakteristisch mit einigen Worten erwähnt.

Es ist das Princip der Arbeitstheilung, welche wir hier in grossartiger Weise durchgeführt finden.

Jeder Arbeiter verrichtet nur eine bestimmte Arbeit, die an sich oft so unbedeutend ist, dass man staunt, wie ein Mensch jahraus, jahrein dieselbe zu verrichten vermag. Wenn der Eine z. B. den Hammerstiel verfertigt, so liegt ihm nicht ob, auch das kleine, am hinteren Ende desselben befindliche Loch zu bohren.

Diese Arbeit besorgt wieder ein Anderer. Ein Dritter verfertigt den Hammerkopf, der Vierte befilzt denselben etc. etc. Und so zerfällt allein die Mechanik in eine Unmasse einzelner Theile, deren jeder von anderer Hand, naturlich genau nach Vorschrift, verfertigt wird.

Nicht minder sorgfältig wird verfahren beim Bau des Kastens, des Resonanzbodens, des Stimmstockes, beim Besaiten etc. Wenn das nach circa 6 Monaten fertige Instrument von der Hand Blüthner's die letzte Feile (Egalisation) erhält, so kann man wohl sagen, dass sich dahin bereits tausend fleissige Hände um dasselbe bemüht haben.

Die Vortheile eines solchen Verfahrens liegen auf der Hand. Der Arbeiter erwirbt sich in der ihm übertragenen Arbeit schliesslich eine Geschicklichkeit, wie sie derjenige, der Vielerlei verrichten soll, nie erreichen kann.

Er wird dadurch leistungs fähiger, und das liegt ebensosehr in seinem eigenen Interesse, als in dem des Fabrikherrn. Es kann die Arbeit in jedem Stadium sorgfältig controlirt (Factoren) und das Missrathene ausgemerzt werden, ehe ein Anderer Zeit und Mühe daran verschwendet. Fehlerhafte oder lüderliche Arbeit ist unter solchen Umständen fast ein Ding der Unmöglichkeit.

Nur so ist zu erklären, wie die Fabrik bei der grossen Anzahl von Instrumenten, die sie jährlich in die Welt hinausschickt, noch eine Garantie zu übernehmen vermag. Wofür der Arbeiter allerdings nicht stehen kann, für die Güte des verwendeten Materials, dafür sorgt die Umsicht und Erfahrenheit Blüthner's in mehr als ausreichender Weise.

Es ist ganz erstaunlich, was für Vorräthe an Holz, Fournituren, Leim etc. in den verschiedenen Lagerräumen aufgespeichert liegen. Besonders grossartig sind die Vorrichtungen zur Gewinnung eines zweckentsprechenden, dauerhaften Holzes.

Allein in den bis zu einer Temperatur von 40 Grad erwärmten Trockenhäusern liegen in der Regel bereits zugeschnittene Hölzer, ausreichend für etwa 1000 Instrumente. Ehe sie aber hierher gelangen konnten, mussten sie in anderem Zustande jahrelang auf dem Holzhofe gelagert und sich daselbst als brauchbar bewährt haben.

Ein Blick auf den Holzhof, auf welchem sich wahre Berge edler Hölzer (von inländischen besonders Eiche, Buche, Fichte, Tanne, von ausländischen Ceder und Jacaranda) erheben, lässt die der Firma Julius Blüthner zur Verfügung stehenden Mittel in recht beneidenswerthem Lichte erscheinen.

Wenn Blüthner heute, was Zweckmässigkeit und Grossartigkeit seiner Einrichtungen anbetrifft, mit den grössten Pianofortefabriken der Welt zu wetteifern vermag, so hat es ihm auch an Anerkennung seiner Leistungen niemals gemangelt.

Mit Recht erblickt er den schönsten Lohn seiner Bemühungen in dem blühenden Zustande seines Etablissements. Er darf sich schmeicheln, einer der bedeutendsten Industriellen Sachsens zu sein. Demgegenuber erscheinen die mancherlei besonderen Auszeichnungen, die ihm zu Theil geworden, als ziemlich selbstverständlich.

Die erste datirt vom Jahre 1854 und wurde veranlasst durch einen grossen Concertflügel, mit welchem die Ausstellung zu München beschickt worden war.

Auf dieselbe Weise errang sich die Firma später in Merseburg (1865) die „goldene Medaille“, in Paris (1867) die „silberne Medaille“, als höchste Auszeichnung für Norddeutschland in Chemnitz (1867) und Cassel (1870) den „ersten Preis“, in Wien (1873) das „Ehrendiplom“ und in Phiadelphia (1876) die Centennial-Auszeichnung für „ausgezeichnee Tonschönheit, höchsten Grad der Vollkommenheit in der technischen Ausführung, Präcision der Spielart, eine neu erfundene Construction, genannt Aliquotsystem“.

Dazwischen war erfolgt im Jahre 1865 die Ernennung der Firma zur „königlich, sächsschen Hof-Pianofortefabrik“, im Jahre 1871 als persönliche Auszeichnung der Titel eines „königlich sächsischen Commerzienrathes“.

Dass Blüthner auch im Besitze verschiedener Patente ist, wurde bereits früher erwähnt. Neuerdings ist es besonders das Büthner'sche „Aliquotpiano“, welches viel von sich reden macht, Bjejnde künstlerische Capacitäten haben sich sehr belobigend über die vorzüglichen Eigenschaften desselben ausgesprochen.

Auch das „Musikalische Wochenblatt“ hat dieser neuesten Erscheinung äuf dem Gebiete des Pianofortebaue einen sehr eingehenden, empfehlenden Artikel in seiner No. 47 vom Jahre 1876 gewidmet.

Zahlreiche Berichte bestätigen, dass sich die Bluthner'schen Aliquotflügel durch unübertroffenen grossen, schönen Ton zum Concertgebrauch ganz besonders eignen.

Wenn wir schliesslich noch der Herausgabe eines pädagogischen Werkes (Blüthner und Gretschel, Lehrbuch der Pianoforte baukunst, Weimar bei Voigt) erwähnen, so dürfte Alles, was auf Julius Blüthner, den Besitzer und alleinigen technischen Leiter der „königl. sächsischen Hof-Pianoforte-Fabrik“ gleichen Namen Bezug at, berücksichtigt worden sein.

Dass die musikalische Welt in ihm auch einen sehr eifrigen Kunstmäcen zu verehren hat, der nicht nur im eigenen Hause der Kunst eine würdige Pflegestätte bereitet hat (Blüthner'scher Saal), sondern auch seit Jahren schon das Risico des Concertinstitutes „Euterpe“ ganz allein trägt. Das gehört nicht hierher und dürfte auch ällgemein bekannt sein.

Commerzienrath Blüthner ist heute ein Mann in den besten Jahren. Gewiss hat die Welt von seiner Schaffenslust noch manche tüchtige That zu erwarten. Möge dem überaus thätigen Manne das Glück allezeit so hold sein, wie bisher. Moritz Vogel." Musikalisches Wochenblatt, 05/04/1878, p. 187

Das Jubiläum einer Pianoforte-Fabrik.

- Von Robert Musiol. -

"Am siebenten November 1853 wurde eine Pianofortefabrik in Leipzig mit 3 Arbeitern eröffnet, welche heut zu den gesuchtesten und geschätztesten nicht blos im Lande Sachsen, nicht blos in Deutsch land, nicht blos in Europa, sondern auf dem ganzen Erdkreis zählt.

Sie hat also zum siebenten November dieses Jahres einen Zeitraum von fünfundzwanzig Jahren, ein Viertel-Jahrhundert, hinter sich; in der Weltenzeit eine Spanne, für uns Men schen ein halbes Menschenalter, in dem Wohl und Weh, Leid und Lust, Hangen und Bangen so oft wechseln können, als die Sonne auf- und untergeht.

Wenn sich nun ein Unternehmen so lange gehalten, wenn es sich sogar nicht blos gehalten, sondern zu einer Höhe hinauf geschwungen hat, die von Manchem nie erreicht werden kann und wird, und um die es von Manchem beneidet wird, so mag dem Manne, der dies Alles aus eigener Kraft, durch eigene Intelligenz von unten auf vollbrachte, aus allen musikalischen Kreisen aufrichtigst gratulirt, zu solchem ehrenvollen Tage das Beste gewünscht werden.

Und der Mann, der mit grösstem und berechtigstem Stolze dies Alles veranlasste, der mit 3 Arbeitern sein Etablissement anfing und heut an 500 Arbeiter beschäftigt, ist kein anderer, als Ferd. Julius Blüthner, dessen Instrumente in allen Erdtheilen seinen Rubm verkünden.

F. J. Blüthner wurde am 11. März 1824 in Falkenhain, Regierungsbezirk Merseburg geb.; sein Vater starb ibm nach kaum beendeter Schulzeit und musste der Knabe das Tischlerhandwerk lernen.

Doch bald stellte sich die ausgesprochendste Neigung zum Pianofortebau bei ihm ein und er wurde Lehrling in der Pianofortefabrik von Hölling in Zeitz, wo er mit grösstem Eifer und dem regsten Interesse seinem Berufe oblag.

Nach bestandener Lehrzeit absolvirte er als Freiwilliger seine Militärpflicht, und als er dieser genügt hatte, musste er in der unternehmungsungünstigen Zeit 1848–49 sein Heil im Stimmen und Repariren von Pianoforte's suchen, erwarb sich aber hald darin einen geschätzten Namen und vollauf Beschäftigung, wodurch sich ihm die beste Gelegenheit darbot, die Instrumente verschiedener Konstruktion näher kennen zu lernen.

Und so sammelte er sich die nützlichsten und werthvollsten Erfahrungen für sein Handwerk, bis er nach einigen Engagements in Pianoforte-Fabriken am 7. November 1853 die eigene Werkstatt eröffnete.

Im Februar 1854 hatte er das erste Instrument fertig, im März das zweite, und da die Instrumente durch die Fülle, den Adel and Ge sang des Tones bald die Aufmerksamkeit der Künstler und Kunstfreunde auf sich lenkten, steigerte sich mit der Nachfrage seines Fabrikats sowohl die Arbeiterzahl, so dass er Ende 1854 schon 6 und 1855 zehn Arbeiter beschäftigte, wie die Lokalitäten des anfangs recht bescheidenen Etablissements.

Die Fabrik, von Grund aus eigens für ihre Zwecke aufgeführt, mit entsprechendem Komfort, Maschineneinrichtung und sonstigen Anlagen der Neuzeit ausgestattet, beschäftigt zur Zeit in ihren Räumen 450 Arbeiter, wozu noch ausserhalb eine sehr beträchtliche Anzabl zu rechnen ist, welche unter eigenen Meistern die Anfertigung der Klaviaturen, den Eisenguss der Rahmen, die Holzbildhauerei, die Messing- und andere Metallarbeiten betreiben.

Die jährliche Produktion beläuft sich auf ungefähr 1200 Pianinos und 900 Flügel, welche nach allen Gegenden des Erdballes begehrt werden. Auf das Sorgfältigste und Solideste gebaut, trotzen sie sogar den ungünstigsten Witterungsverhältnissen.

Dass bei solch gediegener Thätigkeit auch ehrenvolle Erfolge nicht ausblieben, möchte wohl natürlich sein. Und sie wurden dem Chef der Fabrik auch in reichster Weise. Schon 1854 wurde Blüthner die erste Preisauszeichnung für einen Konzertflügel auf der Münchener Ausstellung zu Theil; ferner erhielt er erste Preise für vorzügliche Arbeit, Spielart und Tonschönheit 1865 in Merseburg, 1867 in Chemnitz und 1870 in Cassel.

Die Pariser Weltausstellung 1867 prämiirte ihn mit dem ersten Preise für Norddeutschland; auf der Wiener Welt-Ausstellung 1873 wurde die höchste Auszeichnung überhaupt, nämlich das Ehrendiplom, an erster Stelle erworben, welches ein anerkennendes Dankschreiben des deutschen Reichskanzlers „für die so würdige Vertretung Deutschlands“ zur Folge hatte.

Die Weltausstellung zu Philadelphia (1876) erkannte den Instrumenten die einzig verliehene Auszeichnung, die Centennial-Medaille, zu, für „vorzüglichen Ton, vorzügliche Ausführung und für Erfindung des Aliquot-Piano.“

Dieses prämiirte und 1876 von sämmtlichen Hauptstaaten der Welt patentirte System macht die Verwendung mitschwingender und -klingender, aber nicht angeschlagener Saiten zur Verstär kung der Obertöne auf Grund des namentlich von Prof. Helmholtz theoretisch nachgewiesenen Einflusses des stärkeren Hervortretens harmonischer Obertöne in dem Mischungsverhältnisse mit dem Grundton nutzbar, und hat es sich sogleich bei seinem Erscheinen durch den ungemein gesangreichen, vollen edlen Ton, der im höchsten Grade modulationsfähig, andauernd und bei ausgehaltenen Akkorden aeolsharfenartig in wunderbarem Decrescendo verhallt, die Sympathien wohl sämmtlicher Musikfreunde zu erwer ben gewusst.

Ausser diesem System sind noch eine 1856 patentirte Mechanik, die mit sämmtlichen Anforderungen an Repetition und elastischem Anschlag grösste Einfachheit verbindet, Blüthner's eigenstes Werk, ferner 1863 die sogenannten symmetrischen Flügel zu erwähnen, in welchen doppelte Resonanzboden mit schräg überliegenden Basssaiten bei einer dem Auge scbmeichelnden Verschönerung eine bedeutendere Klangfülle er zeugten, als die damals berühmtesten Pariser Erard's, wie schliesslich die Modelle und Zeichnungen seiner Instrumente überhaupt auf Grund praktischer Erfahrungen unter Berücksichtigung theoretischer Ergebnisse bis in die kleinsten Theile von Blüthner selbst angefertigt werden.

Dies rege, rastlose und ruhmreiche Streben wurde auch an höchster Stelle erkannt und belohnt, indem Blüthner 1865 zum Königl. Sächs. Hoffabrikanten ernannt wurde und 1871 den Titel eines Königl. Sächs. Kommerzienrathes erhielt. Noch haben wir eines Blattes in diesem in 25 Jahren ruhmreich und verdienstvoll erworbenen Lorbeerkranze zu erwähnen.

Es ist dies sein 1872 mit Heinrich Gretschel (Sekretär der Leipziger polytechnischen Gesellschaft) bei Fr. Voigt in Weimar herausgegebenes „Lehrbuch des Pianofortebaues in seiner Geschichte, Theorie und Technik, wodurch er den Anfang zu einer geregelten Pädagogik dieses Fabrikzweiges gemacht hat.

Hauptzweck des Buches ist, den gegenwärtigen Standpunkt des Piano fortebaues möglichst klar und richtig zu stellen, die Grundsätze und Bauarten der wesentlichsten und anerkannten Fabriken zu berücksichtigen und so namentlich jüngeren Pianofortebauern die wünschenswerthe theoretische Vorbildung und die unumgänglichsten praktischen Winke zu geben.

Dass ausserdem dieses äusserst werthvolle, aus der Theorie und Praxis des Pianofortebaues gleichsam herausgewachsene Buch auch Werth, unschätzbaren Werth für den Künstler und Pianoforteliebhaber hat, dürfte bald in die Augen fallen, noch mehr, wenn man sich den darin enthaltenen Stoff klar gemacht hat.

Das Buch enthält nämlich drei Theile:

1) Physikalische Grundlagen (Vom Schall im Allgemeinen und seinen verschiedenen Arten; von den Verschiedenheiten der Klänge; Schwingungszahlen der einzelnen Töne der Tonleiter; von der Temperatur; höchste und tiefste Klänge; absolute Schwingungszahlen der musikalisch verwendbaren Klänge; von den Schwingungen der Saiten; Schwingungen der Platten; von den Schwebungen; von der Fortpflanzung des Schalles und der Resonanz; von der Klangfarbe.);

2) Geschichte der Pianoforte (vom Ursprunge der mit Tasten versehenen Saiteninstrumente; das Klavier bis zur Erfindung der Hammermechanik; die Erfindung der Hammermechanik; die weitere Entwickelung des Pianofortebaues) und

3) Die Praxis des Pianofortebaues. Dieser letzte Theil behandelt in genauer, höchst fach- und sachgemässer Beschreibung: Die Praxis des Pianofortebaues (die Materialien, die Werkzeuge des Pianofortebaues), den Bau des Flügels (Entwurf und Zeichnung eines Flügels; der Kastenbau: der Resonanzboden; der Saitenbezug; die Mechanik; die Klaviatur), den Bau des Pianinos (Allgemeines: der Kastenbau; Resonanzboden und Saitenbezug; die Mechanik und Klaviatur) und den Bau des tafelförmigen Pianoforte's (allgemeine Einrichtung: Kastenbau; Resonanzboden, Saitenbezug, Mechanik und Klaviatur; die äussere Verkleidung des Pianoforte; das Zusammensetzen der Mechanik; das Stimmen des Pianoforte; das Fertigmachen und Egalisiren).

Den ohnehin schon grossen Werth des an Material und Belehrung fast überreichen Buches erböht noch ein „Atlas zum Lehrbuch des Pianofortebaues“ (1872, ebendas.), der auf 17 künstlerisch ausgeführten, höchst anschaulichen Foliotafelo sowohl Aufklärung über die verschiedenen akustischen Vorgänge, wie auch über alle verschiedenen Gestalten und Theile sämmtlicher Klavier-Instrumente giebt, so dass das Ganze ein schönes Zeugniss deutschen Fleisses, ein werthvolles Monument deutscher Arbeits kraft ist.

Und so kann Herr Blüthner mit Stolz, Freude und Genugthuung auf jenen Tag zurückblicken, an dem er vor 25 Jahren sich ein Heim begründete, von dem aus er als friedlichster Eroberer in alle Welt auszog; er kann das schöne Wort Schillers ohne Bedenken auf sich beziehen:
Alle Menschen werden Brüder,
Wo Dein sanfter Flügel weilt.
Möge sich ihm bei solchen Erfolgen das Silber recht bald ins lauterste Gold verwandeln!" Musikpädagogische Blatter, Zentralblatt fur das gesamte ..., 1878, p. 265-266

1906

Welt-Adressbuch der gesamten Musikinstrumenten-Industrie, 1906, p. 140 (digital.sim.spk-berlin.de)

1909

Julius BLÜTHNER
(1824-1909)

OBITUARY

"Death of Mr. Bluthner. - JULIUS BLÜTHNER, who died at Leipzig on April 13th aged eighty-six, was born in 1824 at Falkenhain near Merseburg. The son of a cabinet maker, he worked in his father's workshops, showing much mechanical skill. In 1853, after considerable travel ling, he commenced business on his own account as a pianoforte manufacturer in Leipzig, confining his attention to grands, bis staff numbering three. His instruments were a success from the first and the number of bands was very soon increased. In 1858 he purchased the factory and started manufacturing uprights, then building a new factory in which a hundred workmen were soon employed. First prizes were accorded him whenever he exhibited and the King of Saxony took a great interest in the development of the firm. At present eight hundred workmen are employed, the output being three thousand five hundred instruments per annum; and it is interesting to note that eighty-two thousand pianos have been made under the direction of this talented manufacturer. Decorations from and appointments to several royal courts of Europe were received by the late Julius Blüthner. Mr. A. Whelpdale represented the London firm at the funeral of their chief." Musical Opinion and Music Trade Review, Volume 33, 1909, p. 393

1912

Welt-Adressbuch der gesamten Musikinstrumenten-Industrie, 1912, p. 199 (digital.sim.spk-berlin.de)

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