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| Pianoforte-makers
in Germany
WELCKER Heinrich
1856
"Beitrag zur Verbesserung des Fortepiano; von H. Welcker v. Gon
tershausen in Darmstadt. An allen uns bis jetzt bekannten Fortepiano
steht der kleine Steg nur in mittelbarer Verbindung mit dem
Resonanzboden, und bildet mit dem Holztheil, Stimmstock genannt,
einen vereinigten Körper.
Die durch den Anschlag der Hämmer aus ihrer ruhigen Lage in
schwingenden Zustand versetzten Saiten nöthigen dabei diesen
Stimmstock stets zu einem bald mehr bald weniger starken
Mitschwingen (Zittern), je nachdem dessen Holzmasse, vermöge ihrer
elastischen Spannung, Einwirkung ausübt.
Das Mitzittern dieses nicht resouirenden Körpers wirkt jedoch, und
ganz besonders im Diskant, in dem schädlich auf den musikalischen
Sangklang der Töne, als der Zufall es in Bezug auf Anzahl und
Zeiträume der Stöße mehr oder weniger mit den Schwingungen der
Saiten in Uebereinstiumung brachte.
- In diesem regellosen, die physische Harmonie der
Saitenschwingungen störenden Mitschwingen des Stimmstocks, dasein
dem nämlichen Maß, wie bei den Saiten, auch auf die Schwingungen des
Resonanzbodens schädlich einwirkt, suche ich aber hauptsächlich den
Grund, daß ein und derselbe Meister bezüglich der Qualität des
Klanges öfter ganz ven einander verschiedene Instrumente liefert,
obgleich alle einzelnen Theile einer Gattung genau über ein und
dasselbe Modell gearbeitet wurden.
Die Bildung ober Erzeugung der poetisch sangreichen rein
musitalischen Klänge in Klavierinstrumenten läßt sich demnach weder
durch wissenschaftliche Kenntnisse und Berechnungen, noch durch die
praktischen Kunstgriffe eines Meisters vorher feststellen, sondern
es ist und bleibt (wir wollen es nur gestehen, wenn es auch der
Wissenschaft der Akustik, resp. ihren Professoren, nicht zur Ehre
gereicht, und wohl manchem mechanischen Klavierbauer die Schärfe
seines eingebildeten Kunstsporns dadurch etwas abgestumpft wird)
eine Sache des Zufalls, so lange die Wissenschaft nicht eine
überzeugende Theorie aufgefunden hat, welche der Praxis ein
Verfahren in die Hände legt, das durch künstlerische Ausführung eine
Vorherbestimmung sichert.
Die Beseitigung stumpfer Klänge im Fortepiano führte zwar schon zu
unzähligen Versuchen, man arbeitete rastlos an der Verbesserung
dieser Instrumente und brachte Opfer, die uns Dank und Staunen
abnöthigen, aber man gerieth dabei unvermerkt in Labyrinthe
mechanischer Einrichtungen, durch die sich wohl auf Kosten des
poetisch sangreichen, dem Gefühle wohlthuenden Tons ein mächtiger
Klang herausschlagen läßt, die aber noch wenig geeignet sind, die
schädliche Wirkung des Stimmstockzitterns zu entkräften.
Eine künstliche Praxis trat hervor und suchte mühevoll in der Ferne,
was so nahe liegt.
Die prosaische Richtung des Klavierspielens der jüngsten Zeit war
dabei besonders behülflich, diese Verirrungen zu unterstützen, indem
das hageldichte Dreinschlagen Liszt'scher Prügelei, welches zur
Herrschaft gekommen war, für den Instrumentenmacher gewiß maßgebend
sein mußte, das Eisensystem à la Barrage in breitester Basis
anzuwenden.
Die Beobachtung einer schwingenden Violinsaite und des einfachen
Weges, auf dem dieselbe ihre Schwingungen dem vollendeten ganz
resonirenden Körper mittheilt, wobei der Steg den Vermittler bildet,
durch den wir uns überzeugen können, wie wir durch Ab- oder Zuthun
seiner Höhe und Dicke, mithin seines Gewichtes einer und derselben
Violine starke und schwache, stumpfe und sangvolle Klänge
verschiedener Farbe und Charakter entlocken können, führte mich
indeß schon vor längerer Zeit auf den Gedanken, diese durch nichts
gehemmten Schwingungen auf ähnliche Art für den resonirenden Körper
(Klangboden) des Klaviers zu übertragen.
Ich trennte daher an einem Pianino den kleinen Steg gänzlich vom
Stimmstock und brachte ihn mit dem Resonanzboden in unmittelbare
Verbindung.
Das Resultat dieser Operation war über Erwartung günstig, und
berechtigt zu der Hoffnung, daß in diesem Verfahren der Schlüssel
liegt, durch den sich eine überzeugende Theorie begründen läßt,
mittelst der die Praxis des Klavierbauers, bei gewissenhafter
Anwendung, stets sicher geht Ich glaube daher zum Fortschritt des
Clavierbaues nicht Unerhebliches beizutragen, wenn ich diesen
ersten, daher keineswege erschöpften Versuch veröffentliche und
dadurch Anderen Gelegenheit biete, die Sache weiter zu verfolgen,
zumal da Körperleiden mir Mittel und Gelegenheit raubt Gebrauch
davon zu machen.
Auf Verlangen bin ich jedoch gern bereit, nähere Auseinandersetzung
der speciellen Behandlung durch Zeichnung anschaulich und
begreiflich zu machen.
Eine andere gleichwichtige Entdeckung, das schädliche Mitzittern des
Stimmstocks zu entkräften und Flügel im Discant gesangreich und
volltönend zu machen, ergab sich mir aus dem Versuche einer
Verbindung des Stimmstocks mit dem Kastenboden.
Ich wandte nämlich zwei Eisenspreizen in lothrechter Stellung an,
welche, durch beide Theile gehend, so eingerichtet waren, daß
ersterer mit letzterem mittelst Schraubenmuttern gespannt werden
konnte.
Die Platten der Eisenspreitzen ließ ich auf den über die Stegstifte
hin liegenden, uneigentlich sogenannten Klangstock aufdrücken.
Dieses einfache, noch von keinem Anderen versuchte Mittel wirkt so
außerordentlich auf Verstärkung und Verschönerung des Sangklangs
eines Flügels oder eines vornstimmigen Instruments in Tafelform, daß
selbst alte Instrumente mit ganz stumpfen Tönen durch richtige
Anwendung desselben klingend werden.
Es ist somit diese Entdeckung, welche ich im Interesse der Tonkunst
bereitwilligst veröffentliche, und auf deren specielle Zergliederung
ich in meinem demnächst erscheinenden: „Lehrbuch des Baues
musikalischer Instrumente“ eingehen werde, für Instrumentenmacher
sowohl, als den Tonkünstler und Akustiker von der größten
Wichtigkeit, und dürfte dessen allgemeiner Anwendung baldigst
entgegen zu sehen billig gewünscht werden."
Industrie- und Gewerbe-Blatt, 1856,
p. 118-119
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